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Miss Lú

Hallo, ich bin Miss Lú

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Ich bin Mutter. Genau genommen hauptzuständige Mutter. Schlicht auch CEE: Chief Executive Educator. Klingt wichtig, nicht wahr? Ist es auch. Ich bin für meinen Sohn – eben –hauptzuständig. Kurzum: Ich organisiere, liebe, erziehe, arbeite, plane, ja!, leite sozusagen ein ganzes Unternehmen alleine. Und das mit aller Freude. Nun... ich werde in dieser Rubrik von Zeit zu Zeit ein paar Anekdoten erzählen, nicht nur aus der Sicht eines hauptzuständigen Elternteils, sondern generell aus dem Leben von Vätern und Müttern. 

Willkommen also, bei Miss Lú!

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Schwangerschaftsamnesie – kein Mythos?

10. August 2017

Bereits während der Schwangerschaft bemerkte ich einen zunehmenden Gedächtnismangel. Ich erinnere mich, wie ich mich im siebten Monat mit Kind im Bauch auf die Gartenterrasse kämpfte, um Bestellungen aufzunehmen. Darauf watschelte ich ins Café zurück. Kaum betrat ich das Lokal, war alles weg im Kopf: Die Türschwelle von der Gartenterrasse zum Café hinein war sozusagen das Tor zum Vergessen. Drinnen wusste ich nicht nur nicht mehr, was die Gäste bestellt hatten. Sondern ich hatte grundsätzlich vergessen, dass irgendjemand irgendwas bestellt hatte. So wischte ich ein bisschen mit dem Putzlumpen an der Theke herum oder liess für mich einen Kaffee heraus. Die Gäste hatten in der Regel Verständnis.

   Nach der Geburt? Ich gebe es zu, das mit dem Vergessen wurde schlimmer. Die eigenartigen Dinge, die mir passierten, häuften sich. Einmal bereitete ich mir einen Kaffee zu. Gerade als ich Rahm reinschütten wollte, schrie mein Baby nach mir. Ich rannte ins Schlafzimmer. Die Kaffeetasse fand ich danach nicht wieder. Erst einen Tag später dann im Käsefach des Kühlschranks. Ein anderes Mal erwachte mein Baby an einem Morgen mit zwei übereinander angezogenen Windeln. Oder einmal rief ich einer Freundin am gleichen Tag zweimal an, um ihr zweimal dieselbe Neuigkeit zu erzählen.

   Aber den nettesten Fauxpas apropos Vergesslichkeit habe ich auf einer Internetseite gelesen, berichtet von einer übermüdeten Mutter. Dies möchte ich im O-Ton wiedergeben: «Ich habe gerade meinen Ältesten in meinem Wohnzimmer gestillt und nur einen BH und Jogginghose an. Es klopfte an der Tür, also stand ich auf und öffnete, und meine Brüste hingen noch aus meinem BH heraus. Der Typ vom Paketdienst UPS war schockiert und schaute die ganze Zeit weg. Ich merkte erst Stunden später, was ich gemacht hatte.»

 

Wenn Farben Farbe verlieren

19. Juni 2017

 Ich stöberte mich wieder Mal durch die Secondhand-Ware einer Berner Kinderkleiderbörse, als ich ein Gespräch zwischen einer Mutter und ihrem rund 3-jährigen Sohn mitbekam. Er hatte die Erlaubnis gekriegt, sich etwas Kleines auszusuchen. Und er wählte aus. Selbstbewusst. Zielgerade. Das verdächtige Objekt: ein rosarotes Handtäschchen. Sichtlich glücklich schlenderte damit der Bub zur Kasse.

   â€žDas ist ja rosa!“, sagte die Mutter streng. Er schaute sie fragend an. Verstand nicht, was sie damit sagen wollte. Trotz spürbaren Widerstand antwortete er: „Diese Tasche will ich, sie gefällt mir.“ Und schaute seine Mutter bittend an.

   Stufe 2: Farben-Bekenntnis. „Ich kaufe dir diese Tasche nicht, sie ist rosa.“ Der Bub blickt entgeistert. Es ist offensichtlich, dass er im Rahmen seiner Möglichkeiten zu erfassen versucht, worum es hier geht. Versteht immer noch nicht. Wird langsam wütend. „Mir gefällt diese Tasche, ich will sie!“, wiederholt er und setzt sich als Protest vor der Kasse auf den Boden. „Rosa ist für Mädchen“, sagt die Mutter genervt. „Ich kaufe dir keine rosa Tasche, Buben haben keine rosa Taschen.“ Er fängt an zu flennen.

   Stufe 3: Taschengeld-Drohung. „Ich gebe kein Geld für eine Tasche aus, die rosa und für Mädchen ist. Wenn du sie willst, sie kostet fünf Franken, dann musst du sie von deinem Kässeli bezahlen.“ Er wirkt erleichtert. Nickt eifrig. „Ja, ist gut, Mama.“ Ihre Augen weiten sich. Fassungslosigkeit. „Bist du sicher, FÜÜNFF Franken? Von DEEEINEM Geld? Für diese Tasche? Rosa? Rosa ist für Mädchen.“ Der Bub ist irritiert. Und schreit dann: „Jaaaa!“ Die Mutter total verstimmt. Will aber die Szene vor der Kasse beenden. Zückt das Portemonnaie. „Sicher? Von deinem Geld?“ Er nickt noch mal, erschöpft und traurig – und drückt das Stück beherzt an sich.

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Ach, es wäre doch nur eine schöne Farbe gewesen...

 

Ein Morgen fast wie jeder andere

15. Mai 2017

 Kennst du das? Wenn man am Vorabend zu lange gearbeitet hat? Oder einen Film geschaut? Die Müdigkeit liegt schon lange in den Knochen. Aber der Geist will noch weiter, um die paar freien Stunden zu geniessen – da Kind schon schläft. So ein Abend war gestern. Schön. Und da mein Sohn immer erst ab 8 Uhr angibt, war meine Besorgnis über den kommenden Morgen bezüglich Erholungszeit klitzeklein.

   Heute Morgen krabbelte mein Sohn um 6.30 Uhr auf mich. Und sagte: „Ööö.“ Was soviel heisst wie „Ich will Schoppen“. Ich war mir nicht sicher, ob ich träumte, und verdrängte erst. Dann wieder „ööö“. Es war Realität. Zweckoptimistisch antwortete ich mir selber: Halb so schlimm. Weil mein Sohn nach dem Schoppen ja eh immer nochmals einschläft. Ich kämpfte mich in die Küche und brachte ein paar Minuten später den Schoppen ans Bett. Und legte mich wieder hin.

   Ich höre wieder „ööö“. Ich hebe im Halbschlaf meinen Kopf, sehe, dass die Flasche leer ist. Stelle sie neben das Bett. Dann höre ich wieder „ööö“. Ich drehe mich zu ihm hin. Er sitzt. Er fängt an zu husten. Er ist ein wenig erkältet. Der Husten breitet sich aus. Eine Art Reizhusten. Ich versuche ihn zu beruhigen. Er schaut mich an. Und kotzt 3 Deziliter Milch auf mich und aufs Bett.

   Aufgeschreckt wische ich mir die Milch vom Gesicht, greife nach Taschentüchern, putze seinen Mund, tupfe den breiigen Milchsee vom Bettlaken weg, da haut er mir ungewollt die Tücher voll Erbrochenem aus der Hand, die dann neben dem Bett zu Boden fallen, ich will aufstehen, setze den Fuss in eine Taschentuch-Kotz-Glunge, rutsche im Aufsteh-Schwung aus, sause auf der Taschentuch-Kotz-Glunge über den Parkettboden zum Tisch hin, stosse diesen an, worauf die halbvolle Kaffeetasse vom Vortag ins Wanken kommt und sich kalter Kaffee Ã¼ber mich ergiesst.

   Mit letzter Kraft blicke ich vom Boden aus zu meinem Sohn hin: breites Lächeln und vergnügtes Glucksen. 

   6.45 Uhr. Ich bin wach. 

Zurück zum Rudimentären

17. April 2017

Zu Beginn ist es noch speziell: Plötzlich rücken Urin, Püpis, Füdle, Gesabber, Fürze und Gagi so omnipräsent in den Alltag zurück. Denn lange ists her. Als man – selbst noch ein Kind – völlig frei und ohne Filter über all diese Dinge redete. Und diese ihren gerechten Platz im menschlichen Beisammensein hatten.  Aber eben: Plötzlich ist alles wieder da.

   Ich erinnere mich noch, wie ich nur ein „Oh“ herausbrachte, als mein Baby in den ersten Lebenswochen im Café laut furzte. Und ich dann versuchte, die allgemeine Aufmerksamkeit wieder auf das politisch-ökologische Thema zu lenken, und über die Wichtigkeit der Förderung von Elektrobussen weiter referierte.

   Apropos Energie. Da kommt mir in den Sinn, dass Kühe ja beträchtlich zur Klimaerwärmung beitragen. Weil sie so viel furzen. In Argentinien kam es deswegen zu einem Forschungsprojekt an einer Uni. Dort banden sie den Kühen grosse Gasflaschen auf den Rücken, steckten dann ein Schläuchchen in den Anus der Kuh und das andere Ende des Schläuchchen in die leere Flasche auf dem Rücken. Kurzum: Die Forscher sammelten Kuhfürze, um sie auszuwerten. Interessanter Ansatz.

   Nun gut... mit der Zeit ist man über diese Annäherung ans Menschsein, dadurch, dass man ein Kind hat, dankbar. Man wird wieder zu Fleisch und Blut. Zu Essen, Schlafen und Furzen.

   Aber das Beste, das findet man erst mit der Zeit heraus: Man kann sich das Ganze zu Nutze machen. Vor Kurzem stand ich mit meinem Baby im Bahnhof Bern in der Migros, als mir ein Wind abging. Es war Audio-technisch eher ein Problem. Aber da konnte ich dann ganz gelassen laut sagen: „Oioioi, mein kleines Schnugibutzi, hast du wieder Koliken?“ Klappte wunderbar.

P.S. Sorry, wenn es dieses Mal zu rudimentär war.

Eine Mahlzeit reicht

20. März 2017

Nichts Neues, aber ich kann mich immer wieder darüber empören. Vielleicht nicht grad empören. Aber darob konsterniert sein. Oder perplex. Eventuell fraglos. Okay!...ich gebs zu!: Sie gehen mir unheimlich auf den... Zeiger. Wer? Die Griesgrämigen oder Superschlauen, die einen im Bus oder auf der Strasse aus heiterem Himmel anquatschen. Mit teils sehr speziellen Bemerkungen. Oder Tipps.

   Erst eben ist es her, dass ich vom Maxi Cosi-Kinderwagen auf den Buggy wechselte. Mein Kleiner konnte also nicht mehr nur mich anschauen, sondern auch die Welt drum herum entdecken, sprich nach vorne in die Richtung, in die wir liefen, gucken. Ich bog beim Loeb-Egge ab, ein mittelalterlicher Herr kam mir entgegen und sagte, als er auf meiner Höhe war: „Das arme Kind, jetzt sieht es ja die Mutter nicht mehr.“ Gott. 

   Ich habe mir dann eine Zeit lang überlegt, wie ich mit solchen verbalen Unpässlichkeiten umgehen soll. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich auf die Leute eingehen möchte, sie ernst nehmen. Und so begann ich, mit ihnen zu reden, ihnen Antworten zu geben. Ja.

   Vor ein paar Tagen sagte zu mir eine Frau, als mein Sohn weinte: „Jesses, dieses Kind hat doch Hunger!“ Ich betroffen: „Ja... schon, aber bei uns reicht das Geld nur für eine Mahlzeit.“ Jemand anders meinte gestern: „Wie dieses Baby schreit, haben Sie es nicht im Griff?!“ Ich mit ernster Miene: „Nein, obwohl ich ihm regelmässig an den Ohren ziehe und fest zudrücke, aber es nützt nichts.“ Und dem Griesgram vom Loeb-Egge würde ich heute schmunzelnd antworten: „Sie haben recht, dieser Buggy ist nicht günstig, mein Sohn hat gerade eben Sie entdeckt.“

Das super Mami

21. Februar 2017

Mein Sohn und ich wir lesen immer wieder das Buch „Meine supertolle Mama“. Eine ganz süsse Geschichte. Und vor allem: Ein Buch, das für alle Kinder ist. Man wird ja schier wahnsinnig bei den Kinderbüchern. Die verschiedenen Familienkonzepte und verschiedenen Realitäten werden selten bis kaum wiedergegeben. Meist ist das Setting die bürgerliche Familie mit zwei Kindern, wo Mami zu Hause die Haare der Kinder kämmt und Papi arbeiten geht.

   In solchen Momenten frage ich mich: Wie wächst ein Kind auf, das dauernd solche Bücher erzählt bekommt, aber bei den Grosseltern oder nur bei Mami oder nur bei Papi oder im Heim aufwächst? Normal fühlt es sich sicher nicht. Sinnlos irgendwie.

   Nun gut, sei es wie es sei, wir lieben das "Supertolle Mama"-Buch. Und dieses Buch brachte mich auf die Idee, dass ich mit meinem Sohn ein paar Worte einüben könnte. Wenn ich ihn beispielsweise in der Kita abholen gehe, dass er zu mir sagen könnte: „Hallo, super Mami.“ Oder wenn ich ein Kommando ausspreche, dass er mir darauf mit „Ay ay, captain“ antwortet.

   Da mein Sohn noch klein ist, erschwert sich zum Teil die Aussprache. Das mit dem „Ay ay, captain“ bekamen wir zwar mit der Zeit hin. Aber er fand das gar nicht so lustig und weigerte sich zusehends, mir so zu antworten.

   Die Begrüssung in der Kita, an der aber blieben wir dran. Und es schien, dass er das Konzept zu verstehen begann. Als ich ihn gestern in der Kita abholte, die Tür zum Spielraum öffnete, rannte mein Sohn auf mich zu und rief voller Freude: "Hallo, Suppe-Mami!" Na ja... 

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